Folge uns

Blick hinter Hochwasser-Kulissen: Gemeindebrandmeister Feldmann im Emmerblog-XXL-Interview

Über 200 ehrenamtliche Einsatzkräfte der Emmerthaler Feuerwehren waren über Weihnachten im Einsatz, um die Menschen vor Hochwasserschäden zu schützen. Gemeindebrandmeister Thomas Feldmann nimmt uns im Emmerblog-Interview mit hinter die Kulissen.
Und wir sagen auch an dieser Stelle: Danke für diesen Mega-Einsatz, der wirklich alles ist – aber nicht selbstverständlich!


Gemeindebrandmeister Thomas Feldmann im großen Emmeblog-Interview: „Wünsche mir mehr Akzeptanz und Wertschätzung.“
Thomas, wann kam für Dich der Moment, an dem Du wusstest: Das war’s mit Weihnachten als Familienfest?
„Wir haben uns seit Mitte vergangener Woche mit dem Thema auseinandergesetzt. Als der Wetterbericht und die Prognosen kamen, mussten wir zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass etwas kommen wird. Die Stärke war in dieser Form allerdings so nicht vorhersehbar. Spätestens als am 23. Dezember der Emmerpegel dann extrem stark angestiegen ist, war klar, dass Weihnachten für uns arbeitsreich wird.”

Wie hat Deine Frau, wie haben Deine beiden Kinder reagiert?
„Wir haben erstmal gehofft, dass es nicht so kommen wird, wie es dann gekommen ist. Weihnachten hatten wir uns alle natürlich anders vorgestellt.”


Feldmann und sein stellvertretender Gemeindebrandmeister Melde bei der Lagebesprechung.
Was ist Dein persönlicher Antrieb, den Schutz anderer Menschen über die Freizeit und auch die Zeit mit Deiner Familie zu stellen?
„Man hat sich ja vor ganz vielen Jahren für die Feuerwehr entschieden und verfolgt ein Ziel damit. Mir ist es praktisch mit in Wiege gelegt worden. Mein Opa war vor der Gebietsreform Gemeindebrandmeister in der damaligen Gemeinde Kirchohsen. Da war es praktsich selbstverständlich, in die Jugendfeuerwehr einzutreten. Vor allem gilt: Es macht noch Spaß!”

In Summe über 200 ehrenamtliche Emmerthaler Einsatzkräfte waren in den letzten Tagen in Aktion, fast alle Ortswehren einbezogen. Wie haben Deine Kameraden die Nachricht aufgenommen, Weihnachten im Dauereinsatz sein zu müssen?
„Die Stimmung war bombastisch. Alle waren und sind mit Herzblut dabei, auch wenn es natürlich für niemanden von uns schön ist, Weihnachten nicht bei der Familie sein zu können. Trotzdem haben alle ihre Aufgaben bewusst und mit Motivation erfüllt und waren mit Freude dabei!”


Rund 5.000 Sandsäcke wurden auf dem Bauhof gefüllt.
Wie hast Du persönlich die Feiertage erlebt?
„Das waren schon sehr anstrengende Tage. Zumal zuhause auch nachts das Telefon geklingelt hat. In diesem Umfang war es für mich das erste Mal, auch in der Verantwortung. Durch den Rückhalt und das Verständnis meiner Familie hat es funktioniert und für mich steht fest, dass ich es immer wieder so machen würde.”

Gab’s einen Moment, an dem Du gedacht hast: Jetzt wird’s richtig dramatisch?
„Wir müssen die Situation in zwei Phasen splitten. A
m 23. und 24. Dezember mussten wir uns hauptsächlich um das Hochwasser der Emmer kümmern. Da war vor allem die Geschwindigkeit das Problem und die Gefährdungslage in Welsede, Amelgatzen, Hämelschenburg und Emmern. Es war aber nie so, dass wir der Lage hinterher gelaufen sind. Wir waren immer vorbereitet,auch dank der Unterstützung der Gemeinde und des Bauhofs. Vom 24. bis 26. Dezember sind dann die Weserpegel rasant gestiegen. Das hatte zur Folge, dass der Landkreis die ‘Kreisfeuerwehrbereitschaft Ost’ aktiviert hat. Für uns hat das bedeutet: Wir mussten zusätzlich 40 Kräfte (!) nach Hildesheim zur Unterstützung entsenden, wo die Lage noch wesentlich schlimmer war. Dazu kam der ständig steigende Weserpegel in Verbindung mit der zunächst noch steigenden Emmer – Stichwort Rückstau. Dadurch ist die Lage für uns wesentlich komplexer geworden. Das Grohnder Fährhaus war zum Beispiel eingeschlossen. Und wir haben vorsorglich Straßen gesperrt. Die Prognosen, der Pegel der Weser würde in der Nacht zum 2. Weihnachtstag um 20 Zentimeter ansteigen hat sich nicht bewahrheitet – es ware am Ende fünf Zentimeter. Wir haben hier in Emmerthal das Glück, dass die Weser durch die großen Überflutungsflächen genug Auslauf hat.


Heiligabend: Das Flussbett der Emmer ist von Höhe der B83 nicht mehr zu erkennen.
An welchen Stellen an Emmer und Weser war’s besonders heikel?
„In Emmern hatten wir Heiligabend die Befürchtung, dass der Damm an der Meinte, der eigentlich keiner ist, durchbrechen könnte. Wir hatten im Vorfeld rund 5.000 Sandsäcke befüllt. Die meisten davon sind verteilt oder von der Bevölkerung abgeholt worden. Im Notfall hätten wir an der Meinte einen Wall aus Sandsäcken errichtet.”

Eigentlich ist Wasser ja der wichtigste Gehilfe der Feuerwehr – in den letzten Tagen ist es zum Gegner geworden. Wie ist die FFW Emmerthal auf solche Situationen vorbereitet?
„Es gibt die Möglichkeit, über das NLBK Fortbildungen zum Thema Hochwasserschutz zu besuchen. Vereinzelt haben das auch Kameraden gemacht. Wir haben aus vielen Erfahrungen gelernt, die Gefahren zu beurteilen. Das hat dann auch etwas mit Bauchgefühl zu tun.”


Lagebesprechung in der ÖEL.
Wie stellt man sich den Einsatz hinter den Kulissen vor?
„Wir haben einen Stab gebildet aus Bürgermeister, Bauhof- und Fachbereichsleiter, dem Fachbereich 2 der Gemeinde und mir als Gemeindebrandmeister und zugleich Leiter der Gefahrenabwehrbehörde. In Kirchohsen haben wir die örtliche Einsatzleitung eingerichtet, für Lagebesprechungen mit den Ortsbrandmeistern, zum Studieren der Hochwasserkarte und um Entscheidungen zu treffen.”

Mit Blick auf die nächsten Tage: War’s das erstmal oder können noch größere Wellen kommen bzw. wie sieht’s mit einem möglichen Weser-Rückstau Emmer aufwärts aus?
„Aktuell ist die Lage erstmal durch. Für das Silvester-Wochenende sind allerdings nicht unerhebliche Regenfälle angesagt und die Talsperren lassen große Mengen Wasser ab.”


Bürgermeister, Gemeindebrandmeister und Fachbereich machen sich vor Ort ein Bild der Lage.
In der letzten Silvesternacht kam es in vielen Großstädten zu perfiden Gewaltaktionen gegen Polizei und Sanitäter – und Feuerwehrkräfte. Wie motivierst Du junge Menschen, bei der Feuerwehr mitzumachen?
„Ich kann niemanden motivieren. Jeder muss von selbst die Einstellung entwickeln, zu uns zu kommen und mitzumachen. Wir können die Jungs und Mädels überzeugen, wollen und werden sie aber nicht überreden. Die Mitgliederzahlen sind auch bei uns rückläufig. Wir haben aber fünf Jugendfeuerwehren und aktuell noch zwei Kinderfeuerwehren. Nächste Woche wird in Börry sogar eine dritte Kinderfeuerwehr gegründet.”

Wie war die Resonanz der Bevölkerung zuletzt in Emmerthal?
„Der Zuspruch an den Einsatzorten war relativ gering. In Hagenohsen, als wir am 2. Weihnachtstag den Sandsackwall errichtet haben, waren allerdings viele Menschen und Landwirte unterstützend dabei. Wir hatten insgesamt fünf Radlader im Einsatz, was uns schon sehr geholfen hat. Ich wünsche mir allgemein mehr Respekt und Anerkennung gegenüber der Arbeit der Feuerwehr. Schließlich machen wir das alles, um anderen Menschen zu helfen!”

Auch der Weserpegel stieg stark und rasant an.

Gab’s denn auch positive Erkenntnisse?
„Ja, eine noch nie dagewesene Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister, dem kompletten Fachbereich, Bauhof und uns als Feuerwehr – unkompliziert, auf Augenhöhe – um’s abzukürzen: einfach toll! Mein Dank geht in Richtung der Verwaltung, die unkompliziert den Bereitschaftsdienst des Bauhofs eingerichtet hat und die in voller Stärke das ganze Wochenende zur Verfügung stand. Der Bürgermeister, der gesamte Fachbereich und die Bauhofsleitung waren die  ganze Zeit verfügbar und präsent – egal zu welcher Uhrzeit. Und mein Dank gilt allen Feuerwehr-Kameradinnen und -Kameraden und deren Familien, für die Weihnachten praktisch ausgefallen ist. Nur zusammen sind wir stark!”

Mit Blick auf kommendes Jahr: Welches sind deine drei größten Wünsche für die Feuerwehr bei uns in Emmerthal?
„Ich wünsche mir mehr und überhaupt eine Kommunikation zwischen den politischen Entscheidern und der Feuerwehr. In diesem Zusammenhang: klare Entscheidungen durch die Politik und keine Hinhaltetaktik. Und, wie eben schon gesagt: Akzeptanz gegenüber dem Ehrenamt Feuerwehr. Was wir beantragen ist schließlich kein Spielzeug – sondern dient der Sicherheit der Bevölkerung!”

 

 

Schreibe ein Kommentar

Register

You don't have permission to register